Chronische Schmerzen: Wenig Belege für den Nutzen invasiver Prozeduren
Kernbotschaften
Eine Übersichtsarbeit findet lediglich 25 Studien, welche die Wirkung von invasiven Prozeduren gegen chronische Schmerzen mit einer Scheinprozedur vergleichen. Die anschließende Meta-Analyse findet „wenig Evidenz“ für die Überlegenheit der Eingriffe.
Hintergrund
Ein erheblicher Teil der Bevölkerung leidet unter chronischen Schmerzen. Für die USA werden zum Beispiel 100 Millionen Personen genannt, das entspräche einem Anteil von nahezu einem Drittel. Zur Behandlung gibt es neben Medikamenten, die oft mit massiven Nebenwirkungen behaftet sind wie z.B. die Opioide, eine Vielzahl invasiver Prozeduren. Bei jährlichen Kosten von umgerechnet fast € 40 Milliarden in den USA allein würden viele dieser Prozeduren vermarktet, angewandt und bezahlt, ohne dass Wirkungsbeweise aus rigoros konzipierten wissenschaftlichen Studien vorlägen, schreiben die Autoren.
Design
Systematischer Review mit Meta-Analyse zum Vergleich der gegenwärtigen Evidenz für invasive Prozeduren gegen chronische Schmerzen im Vergleich zu einer Scheinbehandlung.
Hauptergebnisse
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Unter 7362 Literaturverweisen zwischen den Jahren 1959 bis 2013 erfüllten nur 25 Studien mit zusammen 2000 Patienten die Einschlusskriterien für den Review. Obwohl die Suche bis Januar 2018 fortgesetzt wurde, kamen in diesem Zeitraum keine weiteren Studien hinzu.
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Nur bei 13 Studien war die Allokation der Behandlung nach Meinung der Autoren adäquat verschleiert.
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Die häufigsten Indikationen waren Rückenschmerzen (7 Studien), Osteoarthritis der Knie und Angina infolge einer koronaren Herzerkrankung (jeweils 4 Studien), Bauchschmerzen und Endometriose (je 3), Gallenschmerzen und Migräne (je 2).
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Die angewandten Prozeduren waren arthroskopische Operationen oder Spülungen, Herzkatheterisierungen per Laser oder Septumsreparaturen, endoskopische Sphinkterektomien, perkutane oder offene Neurektomien, laparoskopische Eingriffe und Laserbehandlungen, Vertebroplastien, intradiskale Thermotherapien und die Ligation der Brustarterie.
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In den 14 Studien, die überhaupt Nebenwirkungen berichteten, trafen diese durchschnittlich 12 % der invasiv behandelten Patienten und 4 % der Scheinbehandelten.
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Für 2 Untergruppen konnte die standardisierte mittlere Schmerzreduktion ermittelt werden. Sie betrug für Rückenschmerzen in 7 Studien 0,18 (n=445), und für Knieschmerzen in 3 Studien 0,04 (n=496).
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Über alle Indikationen hinweg wären die Scheinbehandlungen für 87 % der Gesamtverbesserung verantwortlich gewesen, errechneten die Autoren.
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Klinische Bedeutung
Es gibt „wenig Evidenz“ dafür, dass invasive Prozeduren geeignet sind, um chronische Schmerzen zu lindern, lautet die Schlussfolgerung dieses Reviews. Angesichts der hohen Kosten und von Sicherheitsbedenken seien striktere Studien gefordert, bevor diese Prozeduren routinemäßig genutzt werden.
Finanzierung: Samueli Institute, Theophrastus Stiftung, Schweizer-Arau Stiftung.
Jonas WB et al.: Are Invasive Procedures Effective for Chronic Pain? A Systematic Review. Pain Med. 2018 Sep 10. doi: 10.1093/pm/pny154.